Eines der Worte des Tages, das vor ein paar Tagen veröffentlicht werden wollte, war „Berührt“. Das Wort hat für mich persönlich ganz viel Bedeutung. In diesem einen Wort steckt so viel von meinem Leben. Und als ich gerade die Überschrift für diesen Artikel schrieb, wurde mir auch gleichzeitig die schattige Seite dieses Wortes sehr bewusst. Und dass ich an einem Punkt bin, an dem die Spirale des Lebens – diesmal in einem großen Bogen – mal wieder an mir vorbeikommt.
Es fing vor ca. 46 Jahren an mit der Berührung meines Großvaters. Er berührte mich so, wie man es als Großvater nicht tun sollte, und ich ließ es zu. Ich war erst drei Jahre alt. Diese Berührungen dauerten an, bis meine Mutter mit meinem Bruder und mir drei Jahre später aus Duisburg wegzog. Ich hatte mich immer gewundert, warum ich mich an meine Kindheit nie erinnern konnte. Es gab nur ganz wenige, vereinzelte Szenen vor meinem inneren Auge. Bis zu dem Tag, an dem an dem ich erfuhr, dass mein Großvater gestorben sei. Ab diesem Zeitpunkt habe ich viel mehr Erinnerungen.
Ich lebte mein Leben, bekam vier Töchter, war zwei Mal verheiratet, und war mit meinem zweiten Exmann mit einer Übersetzungsagentur recht erfolgreich.
Aber tiefe Gefühle kannte ich nicht.
Klar liebte ich meine Töchter, und liebe sie immer noch, aber ich konnte diese Liebe nicht zeigen, nicht fühlen. Eine meiner Töchter sagte mir mal. „Mama, ich habe Dich nur einmal weinen sehen, und das war nachts, nachdem Oma starb.“ Ich ließ mich von so gut wie nichts berühren. Meine Mauer war oben, und mindestens zehnfach verstärkt. Da kam nichts rein – aber da ging auch nichts raus. Ich habe funktioniert, habe über 15 Jahre lang von morgens bis nachts gearbeitet.
Ich hatte mir auch Ehemänner ausgesucht, die Liebe nur auf ihre eigene, teilweise sehr beschränkte, Art zeigen konnten. Das war für mich sehr sicher und vertraut.
Aber dann begann eine kleine Pflanze in mir zu wachsen. Ich denke, der Samen war eine Fernsehsendung, in der Oprah Winfrey und Cheryl Richardson über „Self-care“ sprachen, über Glaubenssätze, das Unterbewusstsein, etc.
Das war 2011 oder 2012. Immer mehr Menschen traten anschließend in die Peripherie meines Lebens, die nach und nach mein Denken veränderten: Danielle LaPorte, Marie Forleo, Mastin Kipp, Louise Hay, Tony Robbins etc.
Mehr und mehr wurde mir bewusst, dass ich nicht mehr 18 Stunden am Tag arbeiten wollte, dass ich leben wollte, auch wenn ich noch nicht wusste, was „Leben“ für mich genau bedeutete. Im Oktober 2013 trennte ich mich von meinem Mann, obwohl wir räumlich bereits seit über einem Jahr getrennt waren. Ich wollte aber langsam mehr vom Leben. Nach und nach erlangte ich Klarheit und wusste, dass ich so nicht mehr leben wollte. Dass diese Beziehung weder für mich noch für ihn gut war.
2014 begann sich mein Leben schon etwas schneller zu ändern. Ich fing an, für mein Leben aktiv zu werden, es zu ändern. Ich stieg aus meiner Eigenbrötlerei aus und ging regelmäßig ein Mal pro Monat zu einem Regionaltreffen des „Living Master Clubs“ (heute heißt diese „Life-Coaching Community“ Human Trust). Dort lernte ich mit Hilfe ganz fantastischer Menschen nach und nach immer mehr aus mir rauszugehen, mich ganz langsam zu öffnen. Erst, als das Leben merkte, dass ich nun bereit sei, wurden die Schleusen geöffnet, und das Tempo änderte sich von einem zarten Schleichen zu einem tosenden Galopp.
Im Juni 2014 erkannte ich, dass ich mich nach Liebe sehnte und mit der Hilfe einer Pferdeherde erhielt ich auf die Frage, wie ich Liebe in mein Leben lasse die Antwort: „Lass es geschehen“.
Daraufhin wurde ich langsam an den Punkt geführt, dass ich zum einen überhaupt erkannte, dass da eine Mauer war. Und dann, diese Mauer in mir abzureißen.
Im Februar 2015 erhielt ich am Ende eines der Regionaltreffen von den Leiterinnen dieses Treffens eine Rose mit diesem Spruch dran:
Diese Worte sprachen ganz tief in mir etwas an. Sie und das Bild, das ich ca. eine Woche vorher in einer Meditation erhielt, in der ich mich sah, wie ich voller Wut in einem Reagenzglas gefangen war und gegen die Wände schlug, die nachgaben, verdeutlichten mir, dass ich diesen Schmerz noch nicht bewusst gespürt hatte. Ich kannte keine Wut. Ich kannte keine Gefühle, die so tief waren. Auf dem Weg nach Hause dachte ich darüber nach und wusste auf einmal, dass ich diesen Schmerz spüren wollte. Dass ich genug vom seichten Gewässer hatte und endlich in die Tiefen des Ozeans eintauchen wollte. Zu Hause angekommen schrieb ich eine Mail an eine Bekannte, schilderte meinen aktuellen Zustand und bat um Hilfe. Ich klickte auf „Senden“ und in dem Moment, als die Mail meinen Postausgang verließ, spürte ich eine Leichtigkeit und eine Freude in mir, die mir fremd war. (Die hält auch noch an. J Bis zum heutigen Tag spüre ich diese Leichtigkeit und diese Freude.)
Zwei Tage nach diesem Abend wurde in mir im wahrsten Sinne des Wortes ein Schalter umgelegt und ich verspürte zum ersten Mal in meinem Leben Liebe in einer Tiefe, die mir total unbekannt war.
Es war die Kombination aus Erkennen, die Entscheidung dafür, etwas zu ändern und die Handlung dafür, die Magie in mein Leben brachte. Dadurch wurden nach und nach, Stein für Stein die Mauern abgetragen, die ich um mein Herz errichtet hatte.
Es gab seitdem noch viele andere Menschen, Schritte, Begebenheiten, Gespräche und „Zufälle“, die in den letzten zwei, drei Jahren eine wichtige Rolle in meinem Leben spielten, die mich berührten. Denn seitdem lasse ich es zu, dass ich von anderen auf allen Ebenen berührt werde. Ich habe gelernt, mich der Liebe wieder zu öffnen. Auch, wenn ich weiß, dass ich wieder verletzt werden kann, dass der Verlust von Liebe schmerzen wird. So habe ich mich doch bewusst für die Liebe entschieden. Denn für mich ist jeder Augenblick, in dem ich liebe und geliebt werde, wichtiger, als Augenblicke des Schmerzes. Denn solange ich mir Liebe gönne, solange kann diese Liebe jeden Schmerz heilen.
Ich wünsche Dir, dass auch Du Dir jederzeit Liebe gönnst – die Liebe zu Dir selbst, die Liebe von Freunden, die Liebe der Natur und nicht zu vergessen: die Liebe Gottes.
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