Diese Woche kamen endlich die ersten Socken. Ich war total aufgeregt. Ein Paar hatte schwarze Stellen, die behielt ich also direkt für mich und zog sie auch am nächsten Tag an.
Hm. Ich freute mich auf einen Tag mit gesteigertem Selbstwert und spürte ständig zu meinen Füßen. Kribbelte es da nicht schon?
Der Tag nahm seinen Lauf. Das meiste, was ich an diesem Tag anfasste, klappte nicht. Menschen, die ich anschrieb, antworteten entweder nicht, oder vertrösteten mich. Die Telefonate, die ich führte, waren entweder regelrecht negativ oder hinterließen einen schalen Geschmack im Mund.
Meine Laune ging mehr und mehr in den Keller. Und dementsprechend gelaunt wurde ich am nächsten Tag wach. Ich reflektierte über den vergangenen Tag und wusste auf einmal, dass das die Socken sind. Dass sie mich an meine Grenzen bringen, um mir das Thema Selbstwert auf eine andere Art näher zu bringen.
Also zog ich die Socken direkt wieder an.
Und es ging weiter.
Ich wurde gefordert in meiner Rolle als Mutter, als Schwester, als Tochter, als Verlobte, als Freundin, als Unternehmerin.
So dass wirklich nur noch die Essenz meiner selbst übrig war. Mein Selbst-Wert. Ohne das, was ich für andere als Mutter, Schwester, Tochter, Verlobte, Freundin oder Unternehmerin tue oder bin. All meine Rollen wurden im wahrsten Sinne des Wortes Schritt für Schritt abgetragen, so dass nur noch der Kern übrig blieb.
Auf dem Weg dorthin kamen Zweifel, Versagensängste und noch so viele andere Gefühle hoch, die mich teilweise an meine Grenzen brachten. Ich hatte immer wieder Durchhänger und fragte mich, wie ich all das schaffen solle, was ich mir vorgenommen hatte. Und ob ich das alles wirklich will. Habe ich zu hoch gegriffen? Bilde ich mir alles nur ein?
Aber zwischendurch, durch all die Zweifel hindurch, sah ich immer wieder das Licht, auf das ich zuging. Jede Begegnung, jedes Gespräch zeigte mir auch, wer ich bin. Wer ich im Laufe des letzten Jahres geworden bin, bzw. welch langen Weg zu mir ich im letzten Jahr bereits zurückgelegt habe. Was ich alles gut gemacht habe. Was ich an mir wert schätze.
Und mit jedem Schritt näher an das Licht meiner eigenen Wertschätzung wurde ich dankbarer. Ich habe erkannt, dass ich nicht perfekt sein muss. Dass ich gar nicht perfekt sein kann. Dass meine Unperfektheiten zu meinem Charme beitragen – aber ohne, dass ich mich auf ihnen ausruhe.
Dass Selbstliebe und Selbstwert leben kein Ziel ist, das man plötzlich erreicht. Es ist ein Prozess, der bis zum Ende des irdischen Lebens andauert. Auch in diesem Prozess wird es immer wieder Höhen und Tiefen geben. Ich werde immer wieder mal zweifeln. Aber jetzt weiß ich, dass diese Zeiten des Zweifels normal sind und immer schneller vergehen und die Sicht auf mein Licht immer müheloser wieder frei wird.
Zur Erholung trage ich jetzt „Loslassen“. Gute Socken. Sehr befreiend und erleichternd. Alles, was die letzten zwei Tage hoch kam, kann und wird jetzt losgelassen. Der Vollmond tut sein Übriges.
Die Welt ist schön.