Der See

Ich sprach gerade mit einem Freund und während unseres Gespräches kam mir ein Bild, das ich gerne mit Dir teilen möchte, da es einen guten Weg zeigt, um „Altlasten“ abzulegen. Ganz egal, ob es sich um Ängste, Sorgen, Denkmuster oder sonst was handelt.

Stell Dir vor, die Sonne scheint, die Vögel zwitschern, Schmetterlinge fliegen über die Wiese und Du läufst auf einen wunderschönen See zu, während Du die warme Luft als sanfte Brise auf Deiner Haut spürst.

Auf der anderen Seite des Sees, der so groß ist, dass Du ihn ganz bequem durchschwimmen kannst, siehst Du Dein Ziel – in den schönsten Farben.

Du gehst also ganz gemütlich auf den See zu und ziehst Dich (bis auf Deine Badesachen, ist ja jugendfrei hier :)) aus. Neben dem Stapel mit den Kleidungsstücken legst Du alles, was Dich schwer macht, was Dich runterdrücken würde, weil es Dich belastet. Du kannst es Dir als dicken, fetten Backstein vorstellen, den Du aus der Tasche ziehst und neben Deine Kleidung legst. Du bedankst Dich für die Dienste und gehst befreit ins Wasser. Schau mal, ob Du eher langsam gehst, oder voller Freude reinspringst. Beides ist gut, nichts ist falsch.

Mit Blick auf Dein Ziel durchschwimmst Du mühelos den See. Je näher Du dem Ziel kommst, desto aufgeregter wirst Du und desto mehr Freude kommt auf, die Dich noch mehr anspornt.

Wenn Du nicht schwimmen kannst, stell Dir vor, dass ein Schlauchboot am Ufer steht und Du zum anderen Ende ruderst. Den Backstein kannst Du trotzdem nicht mitnehmen, denn er ist so scharfkantig, dass das Schlauchboot einen Riss kriegen und sinken würde.

Am Ufer angekommen siehst Du noch schönere Kleidungsstücke liegen, so dass Du gar nicht zurückschwimmen musst (und Du siehst, dass der Backstein in der Zwischenzeit total austrocknete, bröselig wurde, und sich der so entstandene Sand in alle Winde verstreut hat). Aber bevor Du Dich abtrocknen und anziehen kannst, wirst Du von Deinem Ziel wie von einem kleinen verspielten Welpen freudig begrüßt. Dir geht das Herz auf vor Dankbarkeit dem Ziel, aber auch Dir selbst gegenüber, dass Du Deinem Weg gefolgt bist und so nun all das Gute annehmen kannst, das sich jetzt in Deinem Leben manifestieren kann.

Wenn Du beim ersten Mal nicht auf die andere Seite kommst, ist nicht schlimm. Dreh einfach um, und schwimme zurück. Hier gibt es aber allerdings kein Handtuch, so dass Du nass in die Klamotten schlüpfen musst. Uncool. Dann liegt da ja auch noch der Backstein. Du beugst Dich nieder, um ihn aufzuheben, und merkst, wie viel schwerer er jetzt ist. Es kostet Dich mehr Mühe, ihn aufzunehmen. Wenn Du ihn erst mal trägst, ist es okay, dann ist das Gewicht dasselbe, aber das Aufnehmen ist sehr viel beschwerlicher.

Du kannst diese Visualisierung jederzeit wiederholen. Es ist egal, wie oft du wieder zurückschwimmst, alles zu seiner Zeit. Aber wisse, dass bei jeder Rückkehr der Backstein mit den Altlasten beim Aufnehmen schwerer wird. Bis Du Dir irgendwann denkst: „Warum versuche ich eigentlich, auf Biegen und Brechen diesen alten Mist mit mir rumzuschleppen? Die ganze Muskelkraft, die ich durch das Aufheben des Backsteines aufgebaut habe, kann ich doch dazu nutzen, um an das andere Ende des Sees zu kommen!“

Und Du probierst es wieder. Und auf einmal schaffst Du es! Du kommst drüben an. Und diesmal stehen da auch Deine ganzen Ahnen und verstorbenen Freunde und Tiergefährten und jubeln. Glückwunsch, Du hast es geschafft!

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Veranschaulichen wir das Prinzip mal an einem Beispiel:

Du hast Dich beworben und möchtest telefonisch nachfragen, ob die Bewerbungsunterlagen auch eingegangen sind, da Dir der Job richtig viel Spaß machen würde. Nun weißt Du aber nicht, was Du am Telefon sagen sollst, hast Angst, aufdringlich zu sein, nur Stuss am Telefon zu erzählen und überhaupt, beim letzten Bewerbungsgespräch hast Du auch nur rumgestammelt.

Das ist die Momentanaufnahme aus Deinem jetzigen verkrampften Blickwinkel.

Atme erst mal tief durch.

So, was ist das Ziel?

In diesem Fall ist es das Ziel, den Mut zu haben, beim potenziellen zukünftigen Arbeitgeber anzurufen, um ihn ganz offen und natürlich zu fragen, ob die Bewerbungsunterlagen angekommen sind, da Du wirklich gerne für ihn und das Unternehmen arbeiten und Du ungern diese Chance verpassen würdest, weil der Umschlag mit den Unterlagen beim Postamt hinter einen Schrank gefallen ist.

Also visualisiere ein lockeres Telefonat mit dem zukünftigen Chef. Dahinter siehst Du am besten schon die Personalakte mit Deinem Namen drauf, weil dem Chef es total gut gefallen hat, dass Du so viel Eigeninitiative ergriffen hast, ohne aufdringlich zu sein und gezeigt hast, dass Dir der Job wirklich wichtig ist.

Die Altlasten: negative Selbstgespräche und Minderwertigkeitsgefühle, Erinnerungen an das letzte Bewerbungsgespräch. Also alle Ängste, die Dir im Weg stehen. Ängste sind okay, sie sind total hilfreich – und sie sind beweglich. Hast Du das noch nicht gewusst? Klar – sie folgen Dir ja auch überall hin, wenn Du sie lässt. Stell Dir vor, Du schaust Deine Ängste mal ganz genau an, ohne wegzusehen. Genau, blicke mal rechts neben Dich: Siehst Du die vier Rollen unter Deiner Angst? Sieht aus, wie ein Blumenroller für große Pflanzenkübel. Komisch gell? Weißt Du, wozu sie da sind? Genau – man kann die Angst zur Seite schieben. Nein, nicht ignorieren, das hilft nicht, aber sieh sie, erkenne sie an und schiebe sie zur Seite. Und ja – löse vorher noch die Schnur, die diese Angst mit Deinem Bein verbunden hatte, so dass Du sie bislang immer überall mitnehmen konntest. 🙂

Geh dann einen Schritt auf Dein Ziel zu. Auf der anderen Seite, bei mir ist es links, da ist auch eine Energie. Spürst Du sie? Das ist die Liebe. Sie freut sich gerade total, dass Du diesen Schritt gewagt hast. Sie und Deine Ahnen schauen liebevoll zu Dir rüber und unterstützen Dich, denn jetzt steht die Angst ja nicht mehr im Weg und Du kannst die Liebe ganz in Dir aufnehmen. Ja, dieses unbekannte Gefühl, dass Du da spürst – das ist die Selbstliebe, die spielt auch mit. Die Angst überdeckt sie meist sehr gekonnt. Aber jetzt kann sie sich zeigen.

Also nimm die Altlasten – diesmal auch gerne in Form eines grünen Luftballons – und lass den Ballon los. Du siehst ihn befreit in die Lüfte aufsteigen. Du siehst, wie eine Möwe kommt, ein Loch reinpickt und wie der Luftballon zerplatzt. Jetzt hält Dich erst recht nichts mehr auf dieser Seite des Ufers. Voller Freude springst Du in den See (oder in das Schlauchboot) und feierst Deinen Weg.

Mögest Du Dich immer für die Liebe entscheiden, das wünsche ich Dir.

 

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